Ohne Inhaus-Netze keine flächendeckende FTTH-Versorgung
Seit dem 1. Juli darf Kabelfernsehen nicht mehr über die Mietnebenkosten abgerechnet werden. Anlass für das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) und die Bundesnetzagentur (BNetzA) unter dem Titel „Sendeschluss fürs Nebenkostenprivileg – Erste Bilanz und zukünftige Herausforderungen” genauer hinzuschauen. Bei dem Online-Workshop mit der Branche ging es einerseits um Fragen des Ausbaus der sog. Netzebene 4 (NE4) – also der Inhaus-Netze –, andererseits aber auch um die Auswirkungen des gesetzlich angeordneten Wegfalls der mietrechtlichen Umlagefähigkeit der Betriebskosten von Inhaus-Breitbandnetzen zum 1. Juli dieses Jahres. Ziel der Gesetzesänderung war, mehr Transparenz und Wahlfreiheit für Endkund:innen mit Blick auf die Wahl ihres TV- bzw. Netzanschlusses zu schaffen.
Die Vertreter:innen von BMDV und BNetzA äußerten sich zufrieden über die erste Bilanz zum Entfall der Umlagefähigkeit. Die Umstellung sei bisher weitgehend geräuschlos verlaufen. Insbesondere sei es nicht – wie befürchtet – zu einem signifikanten Beschwerdeaufkommen nach dem Stichtag gekommen. Das läge vor allem daran, dass die Abschaltung der Anschlüsse, für die Endkund:innen keine Einzelverträge abgeschlossen haben, erst langsam voranschreite.
Der Ausbau der Inhaus-Netze sei derzeit einer der Schwerpunkte des BMDV bei der Umsetzung der Gigabitstrategie. Denn: Die flächendeckende Versorgung aller Haushalte mit Glasfaseranschlüssen bis zur Wohnung/zum Endkunden (FTTH) setzt nicht nur den weiteren schnellen Ausbau in der Fläche voraus. Auch die Gebäude müssen mit Glasfaser ertüchtigt werden. Die NE 4 dürfe sich dabei nicht als Flaschenhals bei der Erreichung der Ausbauziele erweisen.
Der Inhaus-Ausbau stellt Netzbetreiber und Wohnungswirtschaft vor eine Vielzahl von Herausforderungen. Das Wissenschaftliche Institut für Infrastruktur (WIK) sowie die aconium GmbH haben hierzu Untersuchungen angestellt und diese bei dem Workshop vorgestellt.
Eine zentrale Frage beim Inhaus-Ausbau ist die der Refinanzierung neuer Gebäudenetze. Mit dem Wegfall der Umlagefähigkeit ist ein wichtiges Finanzierungsmodell entfallen. Das ersatzweise eingeführte Glasfaserbereitstellungsentgelt wird in der Praxis aus verschiedenen Gründen kaum genutzt. Es kann die Lücke nicht füllen. Vermehrt setzen Netzbetreiber deshalb auf neue Kooperationsmodelle mit der Wohnungswirtschaft. Dabei seien aber in der Praxis noch viele Fragen ungeklärt. Das BMDV habe daher den Wunsch mehrerer Workshop-Teilnehmer aufgenommen, und werde einen Folge-Workshop veranstalten, betonte Staatssekretär Stefan Schnorr (Screenshot) in seinem Grußwort. Das Ministerium sei immer am Input der Branche interessiert, wie man den Rahmen für den Inhaus-Ausbau weiter optimieren könne.
Wir begrüßen das Engagement von BMDV und BNetzA. Auch aus Sicht der ANGA müssen Politik und Marktteilnehmer künftig ein deutlich größeres Augenmerk auf den Inhaus-Ausbau legen. Dabei braucht es nicht unbedingt neue Regulierung – der Markt ist in der Lage, viele Situationen angemessen zu lösen. Die gesetzlichen Rahmenregelungen müssen so gestaltet werden, dass die Ausbaudynamik nicht gebremst wird. Das heißt u. a.:
- Das Glasfaserbereitstellungsentgelt muss grundlegend überarbeitet werden, damit es einen Beitrag zum Inhaus-Ausbau leisten kann. Einerseits bedarf es einer deutlichen Erhöhung der umlagefähigen Beträge, um den Ausbau rentabel zu machen. Andererseits sollten die administrativen Hürden herabgesetzt werden, Sie schrecken derzeit noch vielfach interessierte Hauseigentümer ab.
- Ein etwaiges Glasfaser-Gütesiegel, wie vom Gigabit Infrastructure Act vorgesehen, sollte unbedingt freiwillig bleiben. Und es sollte vor allem keine zusätzlichen Kosten verursachen.
- Bei der anstehenden Spezifizierung der technischen Vorgaben für Inhaus-Netze sollten bereits gewonnene Erkenntnisse – wie die BMDV-Inhaus-Broschüre – berücksichtigt werden, um Doppelarbeit zu vermeiden.